Die Standards des Deutschunterrichtes
Aus diesen zuvor genannten „Schwerpunktbereichen“
kristallisieren sich „Standards“ heraus
oder das, was auch immer man darunter zu verstehen
hat. Die Definitionen des Begriffes „Standard“
sind zurzeit doch recht schillernd. Häufig sind
die Zielvorstellungen des Faches, die in den Lehrplänen
artikuliert sind, damit gemeint; sie liefern das
Richtmaß für die Beschäftigung mit Texten (etwa:
Informationen zielgerecht entnehmen, ordnen, vergleichen...;
einen Schreibprozess eigenverantwortlich gestalten...;
Inhalte verkürzt wiedergeben... usw.).
Keiner wird daran zweifeln, dass es unabdingbar
notwendig ist, die Verwirklichung solcher Ziele
anzustreben.
Wenn solche Ziele aber schon die Standards des Faches
sind, scheint der zur Zeit häufig geäußerte Wunsch
nach ihnen doch schnell befriedigt werden zu können:
Die deutliche Aufforderung an Lehrer, sich strikt
an die (eigentlich verbindlichen) Lehrpläne zu halten,
führt konsequent zur Einhaltung von oder der „Standards“.
Das Problem mit den „Standards“ liegt
aber nicht so sehr darin, sie zu benennen (denn
das haben offensichtlich die Lehrpläne schon getan),
sondern sie zu erfüllen. Neben der Frage nach der
Realisation der Postulate stellt sich gleichzeitig
die nach dem Produkt selbst, das nach den Richtlinien
hergestellt werden soll.
Im Deutschunterricht, wenn er sich an die Lehrpläne
hält, gibt es nicht oder nur selten den Prototyp
eines Textes, der als Folge der Einhaltung fester
Richtlinien eine allgemein verbindliche Form erhalten
hat und so zum „Standard“ - Text ernannt
werden könnte. Die Texte sind, was ihre Gestaltung
anbetrifft, von vielen Faktoren abhängig (u.a. Intention,
Kommunikationskomponenten), so dass sie selbst kaum
„standardisiert“/“genormt“
werden können.
Die Beschäftigung mit den textkonstituierenden Merkmalen
stellt eigentlich das „Permanentprogramm“
des Deutschunterrichtes dar: Auf jeder Klassenstufe
lernen die Schüler Texte unter den zuvor genannten
Bedingungen herzustellen. Folglich erfüllen sie
in jeder Klasse oder Klassenstufe Lernziele bzw.
Standards.
In fast allen Lernzielbereichen des Deutschunterrichtes
ist es möglich, auf dem zuvor Erreichten und auch
in sich Abgeschlossenen aufzubauen, so dass sich
für die Folgeklasse wieder neue „Standards“
ergeben.
Dies sei am Beispiel „informierende Texte“
hier verdeutlicht:
In Klasse 5 lernen die Schüler z.B. an der „Wegbeschreibung“,
dass es notwendig ist, den Erwartungen eines Adressaten
gerecht zu werden, also Informationen so zu übermitteln,
dass sie behaltbar bleiben und den Nachvollzug (Gehen
des Weges) ermöglichen.
In Klasse 6 lernen sie, aufbauend auf dem in Klasse
5 erworbenen Wissen, über unmittelbar selbst Erlebtes
oder Gesehenes Adressaten zu informieren, die aus
ihrem persönlichen Umfeld stammen.
In Klasse 7 wird der Adressatenkreis ausgedehnt
auf ein „offizielleres“ Umfeld; dadurch
ergibt sich verstärkt die Verpflichtung, selbst
Erlebtes oder Gesehenes unter stärkerer Berücksichtigung
der Adressatenforderung zu übermitteln.
Bei der Arbeit in Klasse 8 werden die Schüler erstmals
mit Texten der so genannten „mittelbaren Information“
konfrontiert. Der Adressat eines solchen Textes
(z.B. Zeitungsartikel, Information über den Hergang
eines Unfalls) verlangt von seinem Hersteller eine
distanzierte Haltung gegenüber dem Geschehen und
fordert eine entsprechende sprachliche Gestaltung.
So sind Kenntnisse z. B. in der Verwendung des Konjunktivs
und ein bewusster Umgang mit Aktiv- und Passivformen
wesentliche Voraussetzungen für die Bewältigung
der Aufgabe.
In den Folgeklassen werden die in den vier vorausgegangenen
Jahren erworbenen Fähigkeiten immer wieder Anwendung
finden, z. B. beim Verfassen eines Protokolls, bei
der inhaltlichen Zusammenfassung eines Textes, beim
Anfertigen eines Referates, beim Erörtern eines
Sachverhaltes, bei der Präsentation eines Untersuchungsergebnisses
- also grundsätzlich bei allen Texten, die aus Situationen
entstehen, die den Autor zur Weitergabe von Informationen
auffordern.
Für andere Lernzielbereiche müssen ebenso solche
aufeinander aufbauende „Erkenntnisblöcke“
oder „Standardketten“ aufgelistet werden.
Sie verdeutlichen letztlich, dass z. B. eine Unterrichtsreihe
in Klasse 5 zu einem bestimmten Lernzielbereich
die wichtige Funktion haben muss, hier schon Erkenntnisvoraussetzungen
für ein Verstehen in weiteren Klassen zu schaffen.
Die nachfolgend dargestellte Tabelle soll sichtbar
machen, dass in jedem einzelnen „Schwerpunktbereich“
über Jahre hin fortlaufend und aufeinander aufbauend
gearbeitet werden muss.
Die Tabelle erleichtert zudem die Jahresplanung
für eine Klasse. Für jede Klasse lassen sich bei
„vertikaler“ Betrachtung der Tabelle
Unterrichtsreihen zu den angegebenen Lernzielbereichen
planen, an deren Ende jeweils eine Klassenarbeit
steht.
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